Dresdener Neue Nachrichten                       3.4.1997
Wahlverwandtschaft
Uwe Peschel und Hanna-Regina U ber mit Malerei,
Grafik und Plastik in der Galerie Königstraße

„Ich male, weil ich begeistert bin von dem, was ich sehe. Und die Abstraktion gerät automatisch desto intensiver, je größer in mir die Begeisterung ist." So der Dresdner Künstler Uwe Peschel - eigentlich ist er 1961 im sächsischen Neustadt geboren - zur Ur- Motivation seines Malens. Er und die Amberger Plastikerin Hanna Regina Uber stellen gegenwärtig in der Galerie Königstraße aus und setzen damit als zweite Präsentation des Galeristen Dr. Heirler Projekt der „Wahlverwandtschalten" fort. Das besagt, dass jeweils ein Dresdner Künstler einen auswärtigen seiner Wahl - mit dessen Arbeit er sich also korrespondierend fühlt - zu einer Gemeinschaftsausstellung einlädt. Die jetzt laufende erfährt derart erfreulichen Zuspruch, dass sich Dr. Heirler zu einer Verlängerung bis mindestens 14. April entschloss. Wer ins aktuelle Halbjahresprogramm dieser Galerie schaut, braucht nicht irritiert zu sein: Die vorgesehene Hermann-Naumann-Ausstellung  wird  vom April auf Oktober/November verlegt.

Uwe Peschel, von Ausbildung und künstlerischer Mentalität her ganz der Dresdner Malschule verbunden, liebt die Sensibilität der Farben, das Leise, Poetische ihrer Töne. Er geht behutsam und, auf den ersten Blick, sparsam mit ihnen um. Der Betrachter wird so angeregt, eine Fülle von Zwischenstufungen zu finden, deren Reiz sich ihm ebenso unaufdringlich wie intensiv erschließt. So in der Mischung aus pastell-diffusem Licht und filigran-kahlem Baumgeäst des „November" ( Öl auf Leinwand). Eine Stimmung, die auch die „Kleine Novemberlandschaft" prägt. „Ich will sensible Farbigkeit mit sehr zwingender Zeichnung, mit prägender Form, verbinden", erklärt Peschel weiter im Gespräch.

Das zeigt sich beispielsweise in Arbeiten wie „Sächsische Schweiz" (Öl auf Leinwand), wo schroff Aufsteigendes durch Grautöne gemildert wird, oder „Brücke" (Mischtechnik auf Leinwand), da sich ein Pfeiler der Augustusbrücke aus ungewöhnlicher Perspektive auftürmt. Das bestimmt auch die Kontraste in Bildern wie den „Alten Weiden" und der „Dunklen Landschaft". Und immer wieder ist es die weibliche Figur, deren erotischer Ausstrahlung Peschel, der übrigens auch einmal an einen Arbeitsaufenthalt in Portugal denkt, in seinem zeichnerischen wie malerischen Oeuvre überaus feinfühlig nachspürt.

Nicht nur gesundheitliche Probleme mit Terpentin, sondern auch gefühlsmäßiges Bedürfnis nach Materialwechsel führten ihn zur Arbeit mit Acryl und Pigmenten. Streng, schmal aufstrebend zumeist, und teils auch satirischkritisch sind die Bronzeplastiken der Amberger Autodidaktin Hanna Regina Uber. Peschel hatte die Künstlerin und ihre Arbeiten in Solingen kennen gelernt,  wo er 1993 selbst in Schloß Burg ausgestellt hatte. Die Uber setzt Gedankliches in Figürliches um und arbeitet mit entsprechenden Titeln. So wachsen etwa dem „Glücklichen Pferd" die Vorderhufe zu Flügeln, während „Der kleine Triumph" nur aus überlangen Beinen und Armen zu bestehen scheint, zwischen denen ein flachgedrückter Kopf ein Loch aufweist. Als bizarren Versuch erlebt der Betrachter eine sich mühsam über die „Barriere" quälende Figur. Bewegend das starre „Kreuz", das aus zwei einander in der Mitte zerstörend verbundenen Menschenkörpern entstand. Einfluß gewannen wohl auch Eindrücke afrikanischer Kunst. Hintersinnig fröhlich erscheint die grazile Plastik „Mutter mit Kind", da die Figur der Mutter das Kind als selbst kopf stehenden Kopfschmuck trägt...                                          Frank Voss